Wechselstrom

Die beiden Pole einer Wechselstromquelle werden nicht mit Plus und Minus gekennzeichnet, weil sich hier die Polarität ständig ändert. Bei technischem Wechselstrom, wie er im Haushalt verwendet wird, geschieht dies 100 mal in der Sekunde. Entsprechend fließt der Strom in jeder Sekunde 50 mal in die eine und 50 mal in die andere Richtung. Der Polaritätswechsel erfolgt jedoch nicht abrupt, sondern sinusförmig. 

Die dargestellte Kurve kann man sich auf einem Oszilloskop anschauen. Die (gedachte) waagrechte Linie hat das Potential Null und dient als Bezug zum Messen der Spannung. Alles, was sich darüber befindet, ist positiv, die Spannung darunter ist negativ. In den beiden Scheitelpunkten hat sie jeweils ihr Maximum. Wir unterscheiden die so genannte Spitzenspannnung und die Effektivspannung. Letztere wird uns von einem analogen oder digitalen Messgerät angezeigt. Der effektive Wert entspricht der Höhe einer Gleichspannung*, bei der ein angeschlossener Verbraucher der Stromquelle die gleiche Leistung entnehmen würde. Die an unseren Haushaltssteckdosen anliegende effektive Wechselspannung beträgt 230 Volt, ihr Spitzenwert jedoch 325 Volt. Formel: Uss = Ueff x 1.414 . (1.414 = Quadratwurzel aus 2).        

Wechselstrom hat den Vorteil, dass seine Spannung auf einfache Weise mittels eines Transformators erhöht oder verringert werden kann.

Das macht es leichter, ihn über weite Strecken in Überlandleitungen zu transportieren. Da Leistung (Watt) das Produkt aus Spannung (Volt) und Stromstärke (Ampere) ist, verringert sich bei gleicher Leistung der Strom, wenn die Spannung steigt (und umgekehrt). Zur Übertragung von einem Kilowatt Leistung ist es also zunächst gleichgültig, ob bei 1 Volt ein Strom von 1000 Ampere oder bei 1000 Volt ein Strom von 1 Ampere fließt. Eine hohe Stromstärke erfordert allerdings einen großen Querschnitt beim verwendeten elektrischen Leiter. Da das (bei Überlandleitungen) viel Gewicht und damit hohe Kosten für Leitungen, Isolatoren und Masten bedeuten sowie die Landschaft extrem verunstalten würde, entscheiden sich die Netzbetreiber lieber für eine hohe Spannung und investieren stattdessen in Transformatoren. (Siehe auch den abschließenden Hinweis).  

Für den Endverbraucher wird der Wechselstrom vor Ort auf 230 Volt hinuntertransformiert. In den einzelnen Haushalten kann die Spannung zum Betrieb elektronischer Geräte bei wenig Aufwand, (zum Beispiel mittels eines Steckernetzteils), weiter verringert und in Gleichstrom umgewandelt wandeln. 

Umgekehrt ist es sehr viel aufwändiger, aus Gleichstrom einen Wechselstrom zu erzeugen. Dieser Vorgang findet zum Beispiel in so genannten USVs (unterbrechungsfreie Stromversorgungen) statt. Das sind Geräte, die bei  einem Ausfall der Netzspannung die gespeicherte Energie eines Akkus in 230 Volt Wechselspannung umwandeln und damit z. B. den Absturz von Computern verhindern. Auch bei den heute auf dem Markt erhältlichen mobilen Stromerzeugern (Notstromaggregate) wird von einem Verbrennungsmotor ein Gleichstromgenerator angetrieben. Der Gleichstrom wird dann elektronisch in einen Sinus-Wechselstrom umgewandelt (Inverterprinzip). Dies hat den Vorteil eines sehr “sauberen” und absolut stabilen Ausgangssignals. Bei herkömmlichen Notstromaggregaten schwankte häufig die Spannung, was sich zum Beispiel als Flackern einer angeschlossenen Glühbirne bemerkbar machte.   

Siehe auch Gleichstrom*

 

Hinweis:
Beim Transport von Strom über große Distanzen hat Wechselstrom auch Nachteile. Elektromagnetische Abstrahlung, verstärkte Koronarentladung, wellenwiderstandsabhängige Reflexionen, größere Blindleistungsanteile usw. sorgen für Verluste, die bei einer Gleichstromübertragung nicht oder nur gering auftreten. Seit es möglich ist, mit
Halbleitern* sehr hohe Wechselspannungen gleichzurichten bzw. aus Gleichstrom wieder einen sinusförmigen Wechselstrom zu machen, wird zunehmend Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) eingesetzt. Und zwar besonders bei Erd- oder Seekabeln, wo wegen des geringen Abstands der Leiter erhebliche Kapazitäten zwischen ihnen nicht zu vermeiden sind. Diese Kapazitäten wirken wie ein Kondensator*, der ständig umgeladen werden muss und so zu beträchtlichen Verlusten führt.
  
Vorteil der HGÜ ist auch, dass (im Gegensatz zum Drehstrom) nur noch zwei Leitungen benötigt werden. Das Magnetfeld, das von einer HGÜ-Leitung erzeugt wird, ist statisch und nicht vergleichbar mit dem Wechselfeld, das von einer herkömmlichen Hochspannungsleitung ausgeht und als “Elektrosmog” bezeichnet wird. Letzteres erzeugt auch häufig ein Brummen sowie (bei hoher Luftfeuchtigkeit) ein durch Koronaentladungen bewirktes lautes Knistern. Beides wird von Anwohnern im Nahbereich als belästigend empfunden.   

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